Antisemitismus unter Jugendlichen und Heranwachsenden in Deutschland. Aktuelle Befunde zu Entwicklungen zwischen 2022 und 2024 und Folgerungen für die Prävention. Onlinevorlesung auf Einladung des Sächsischen Institut für Polizei- und Sicherheitsforschung (SIPS) an der Hochschule der Sächsischen Polizei (FH) gehalten am 03. März 2025.

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Prof. Dr. Peter Wetzels (Universität Hamburg, Fakultät für Rechtswissenschaft, Institut für Kriminologie)

  (Online Vorlesung für die Hochschule der Sächsischen Polizei am 3.3.2025, 18.00 – 19:30 Uhr)

 

Es werden Ergebnisse von zwei bundesweiten Online-Umfragen bei repräsentativen Stichproben von in Deutschland lebenden Jugendlichen und Heranwachsenden im Alter von 16 bis 21 Jahren zur Verbreitung antisemitischer Einstellungen vorgestellt. Diese Befunde der MOTRA-Studie „Jungen Menschen in Deutschland“ (JuMiD) zeigen eine sehr deutliche Zunahme klassischer Formen antisemitischer Vorurteile im Jahr 2024 im Vergleich zur ersten Befragung im Jahr 2022.

Es gibt allerdings erhebliche Unterschiede des Ausmaßes und der Entwicklungen antisemitischer Einstellungen zwischen verschiedenen Subgruppen. Diese Differenzen sind für die Bestimmung der Zielgruppen der Prävention von Antisemitismus hoch relevant. Junge Menschen mit Migrationshintergrund sind signifikant häufiger sowohl klassisch antisemitisch als auch israelfeindlich eingestellt. Die Raten für diese beiden Formen des Antisemitismus sind innerhalb der Gruppe der Migrant:innen, speziell bei jungen Musliminnen und Muslimen,  besonders hoch. Der signifikante Anstieg des Antisemitismus zwischen 2022 und 2024 ist jedoch keineswegs auf die Gruppe der jungen Muslime beschränkt, sondern findet sich in allen Teilgruppen junger Menschen in Deutschland.

Die Ergebnisse multivariater Regressionsanalysen zeigen weiter, dass die hohe Prävalenz traditioneller antisemitischer Ressentiments unter jungen Muslimen weder im Jahr 2022 noch im Jahr 2024 durch ihre verstärkten Diskriminierungserfahrungen oder ihre verstärkte Wahrnehmung kollektiver Marginalisierung in der deutschen Gesellschaft erklärt werden kann. Wichtige Prädiktoren sind neben einem niedrigen Bildungsniveau der Grad der Neigung zum Verschwörungsglauben und eine rigide, fundamentalistische Auffassung von Religion.

Im Jahr 2024 finden sich sehr hohe Raten von anti-israelischer Einstellungen. Diese betreffen sowohl Kritik der Politik Israels als auch Formen eines israelbezogenen Antisemitismus. Die Prävalenzraten fallen hier erheblich höher aus als die Raten des traditionellen/klassischen Antisemitismus. Auch solche antiisraelischen Einstellungen sind bei jungen Migrant:innen, vor allem bei Jungen Muslim:innen deutlich stärker verbreitet als bei jungen Menschen ohne Migrationshintergrund.

Die Befunde, die im Grundsatz mit Erkenntnissen von Studien bei Erwachsenen übereinstimmen, sind Ausgangspunkt von Überlegungen zur Frage möglicher Konsequenzen für die Praxis der Prävention von Antisemitismus. Dabei kann auch der Polizei eine zentrale Rolle zukommen.

 

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DOI https://doi.org/10.25592/uhhfdm.16973
Related Identifier IsPartOf https://doi.org/10.25592/uhhfdm.16972
Metadata Access https://www.fdr.uni-hamburg.de/oai2d?verb=GetRecord&metadataPrefix=oai_datacite&identifier=oai:fdr.uni-hamburg.de:16973
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Creator Wetzels, Peter
Publisher Universität Hamburg
Publication Year 2025
Rights Creative Commons Attribution 4.0 International; Open Access; https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/legalcode; info:eu-repo/semantics/openAccess
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Resource Type Presentation; Text
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