Datenpublikation zu materialen Formierungen musiktheoretischer Konzepte: Praxeologie eines Fachschrifttums im ausgehenden Mittelalter

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Das Projekt untersucht in der Überlieferung musiktheoretischer Texte an der Wende vom Spätmittelalter zur frühen Neuzeit die inhaltliche Konstitution, materiale Gestaltung und praktische Verwendung von Handschriften (und auch frühen Drucken): Wie wird theoretisches Wissen über Musik materiell präsentiert, um effizient vermittelbar zu sein, und welche Auswirkungen haben die Praktiken der Weitergabe auf die Textträger und Inhalte selbst?

Derartiges Fachschrifttum diente häufig didaktischen Zwecken (universitärem Lehrbetrieb, Klerikerausbildung oder Schulunterricht), so dass sich daran die Mechanismen und Inhalte der disziplinären Wissensvermittlung analysieren lassen, insbesondere der Einsatz von unterschiedlichen medialen Elementen (Schrift, Notentext, Diagramme) und Rezeptionspraktiken im Bereich der Aneignung und Personalisierung des Geschriebenen durch die Akteure (z.B. Lektüre, Annotation, Bearbeitung, Kompilation).

Zur Zeit sind als Pilotprojekt 4 bearbeitete Handschriften bzw. -auszüge zugänglich. Diese Plattform wurde am 8. Dezember 2018 in einer ersten Version freigeschaltet und befindet sich weiterhin im Aufbau.

Die Bearbeitung der zuerst bereitgestellten Handschriftenbeispiele konzentriert sich auf Diagramme. Sie sind ein essentieller Teil der Musiklehre. Wie in den anderen quadrivialen Disziplinen dienten Diagramme in der Musik zur Vermittlung der Grundlagen, z. B. der Proportionsverhältnisse oder des Tonsystems. Durch den Übertrag von Tonrelationen auf Raumrelationen wurde es möglich etwas sichtbar zu machen, was noch bei Isidor als unmöglich beschrieben wurde: Das Hörbare auf Papier zu bringen. Allzu häufig werden Diagramme trotzdem als Beiwerk zum Text betrachtet und nicht als essentieller Teil der Handschrift gesehen, dabei sind sie in weitverbreiteten Schriften wie der musica enchiriades oder Johannes de Muris‘ Musica speculativa eines der wesentlichen Elemente zum Verständnis der Lehre.

Diagramme haben im Gegensatz zu Texten jedoch einen erheblichen Nachteil: Sie sind nicht sequenziell. Verfügbare Textdatenbanken (s. Thesaurus musicarum latinarum und Lexicon musicum Latinum medii aevi) bieten Möglichkeiten, Texte und Konkordanzen zwischen einzelnen Traktaten zu vergleichen. Der Vergleich von Diagrammen ist allerdings wegen ihrer noch weitgehend ausstehenden systematischen Verzeichnung und des Fehlens etablierter Beschreibungskriterien bislang nur sehr begrenzt möglich.

Diese Plattform bietet die Möglichkeit, Diagramme und Notenbeispiele der im Korpus befindlichen Handschriften zu vergleichen. Diagramme einer oder mehrerer Handschriften lassen sich anhand von Schlagworten sortieren und somit gegenüberstellen. Hieraus lassen sich Verwandtschaften und Entwicklungslinien erkennen. Diagramme werde auf diese Weise aus ihrer isolierten Betrachtung geholt.

Die Verwendung von Diagrammen ist im Wesentlichen abhängig von den materialen Eigenschaften einer Handschrift. Beim Schreiben müssen beispielsweise gezielt Raum gelassen werden, um Diagramme nachtragen zu können. Diagramme und Handschriften erscheinen deshalb als Digitalisate der Originalhandschriften. Erst mit einem Blick auf die ganze Seite lässt sich erschließen, warum eine bestimmte Darstellung gewählt wurde.

Oxygen, 20.1

lilypond, 2.18.2

D-B Ms. lat. fol. 258, südlicher deutschsprachiger Raum, 1515-1516, 1835 über den Nachlass Karl Friedrich von Nagler an die Staatsbibliothek zu Berlin (damals Königliche Bibliothek zu Berlin). Quelle wurde vom Projekt als bisher unbetrachtes Beispiel gewählt.

D-B Ms. lat. fol. 258, wurde bisher nicht analysiert. Katalogisiert in: Michel Huglo: The Theory of Music, Bd. 3: Manuscripts from the Carolingian Era upt to c. 1500 in the Federal Republic of Germany. München 1986 (Répertoire international des sources musicales B IIIa), S. 18.

Identifier
DOI https://doi.org/10.11588/data/MM6ZGU
Metadata Access https://heidata.uni-heidelberg.de/oai?verb=GetRecord&metadataPrefix=oai_datacite&identifier=doi:10.11588/data/MM6ZGU
Provenance
Creator Sauer, Hein
Publisher heiDATA
Contributor Sauer, Hein; Groote, Inga Mai; Stehr, Till
Publication Year 2019
Rights info:eu-repo/semantics/openAccess
OpenAccess true
Contact Sauer, Hein (Sonderforschungsbereich Materiale Textkulturen (933). Teilprojekt B11. Universität Heidelberg.); Groote, Inga Mai (Universität Zürich, Musikwissenschaftliches Institut, Professorin)
Representation
Resource Type machine-readable music text; Dataset
Format application/zip
Size 265809
Version 1.0
Discipline Humanities
Spatial Coverage Heidelberg