Es werden Ergebnisse von Online Befragungen einer repräsentativen Einwohner-meldeamtsstichprobe von n=3 270 jungen Menschen im Alter von 16 bis 21 Jahren zur Verbreitung antisemitischer Einstellungen bei jungen Menschen vorgestellt, die 2022 durchgeführt wurden sowie Befunde einer zweiten Welle dieser Studie im Jahr 2024 mit n=3151 jungen Menschen in dieser Altersgruppe. Nach den Befunden aus dem Jahr 2022 sind 2,1% der Jugendlichen und Heranwachsenden offen für antisemitische Ressentiments. Weitere 2,0% lassen eindeutige, hoch ausgeprägte antisemitische Einstellungen erkennen. Damit sind die Prävalenzraten antisemitischer Einstellungen bei jungen Menschen deutlich geringer als die mit gleichen Messinstrumenten im gleichen Jahr bei Erwachsenen festgestellten Raten die etwa doppelt so hoch liegen. Innerhalb der Population der jungen Menschen bestehen allerdings im Jahr 2022 erhebliche, kriminologisch relevante Differenzen mit Blick auf Migrationshintergrund und Religionszugehörigkeit. Personen mit Migrationshintergrund weisen signifikant häufiger antisemitische Einstellungen auf. Besonders stark erhöht sind diese Raten bei jungen Muslim:innen. Multivariate Analysen bestätigen diese Ergebnisse. Sie zeigen ferner, dass die hohe Verbreitung antisemitischer Ressentiments bei jungen Muslim:innen nicht durch vermehrte Diskriminierungserlebnisse oder die bei ihnen stark verbreitete Wahrnehmung kollektiver Marginalisierungen erklärt werden kann. Wichtige, statistisch signifikante Einflussfaktoren sind hingegen, neben einer geringe Bildung, weiter die Ausprägung der Neigung zum Verschwörungsglauben sowie eine rigide, fundamentalistische Religionsauffassung. Eine hohe individuelle Religiosität und individuelle Gläubigkeit sind hingegen in dieser Hinsicht nicht bedeutsam. Auffallend ist die extrem starke Überrepräsentation von Muslim:innen der ersten Migrantengeneration unter den jungen Menschen mit antisemitischen Einstellungen. Die jüngsten Daten für das Jahr 2024 zeigen, dass die Raten junger Menschen mit antisemitischen Einstellungen in diesem Zweijahreszeitraum signifikant um Mehr als das doppelte gestiegen ist. Diese relative Anstiege finden sich in allen Subgruppen ähnlich ausgeprägt. Es fällt weiter auf, dass speziell bei muslimischen jungen Menschen infolge dessen besonders hohe Raten zu erkennen sind, wobei hier die Steigerungen vor allem Migrantinnen der zweiten Generation betreffen. Gleichwohl finden sich die höchsten Raten antisemitischer Einstellungen nach wie vor bei jungen Muslim:innen die als Migrant:innen der ersten Generation selbst nach Deutschland zugewandert sind. Die Implikationen dieser Befunde für die Antisemitismusprävention werden erörtert. Relevant erscheint diesbezüglich vor allem, dass die relevante Zielgruppe für die Antisemitismusprävention bei jungen Menschen zu erheblichen Anteilen durch neu zugewanderte junge Migrant:innen, darunter vor allem junge religiöse Muslim:innen, gekennzeichnet ist.